Vom Oster- zum Sommerpaket und darüber hinaus

Die Novelle des EEG geht auf die Zielgerade, gleichzeitig sollen Verbesserungen für die Windenergie-Genehmigungen erreicht werden und parallel gibt es eine Vielzahl von Bemühungen zur Sicherung unserer Energieversorgung sowie zur Abkehr von russischen Importen. Es ist weiterhin viel los in der Energiepolitik und ich versuche wie gehabt, das für euch zu sortieren.

Energiepolitik ist in den letzten Monaten ein sehr atemloses Geschäft geworden. Beinahe im Wochentakt produziert das Klimaschutzministerium neue Gesetzesentwürfe, Verordnungsermächtigungen oder Eckpunkte, so dass schon die Parlamentarier:innen, die das Ganze ja final bearbeiten und entschließen müssen, kaum hinterherkommen – von mir ganz zu schweigen. 😉

Vieles dreht sich weiterhin um den Ersatz russischer Energieimporte bzw. die Sicherung der Energieversorgung ohne diese Quellen. So ist etwa aktuell (Ende Mai) ein Gesetz in Vorbereitung, dass bei einer Gasmangellage eine weitere Stromproduktion eigentlich aus dem Markt gegangener Kohlekraftwerke erlaubt. Auch das Gesetz zur Beschleunigung der Genehmigung von LNG-Terminals oder die inzwischen beschlossene Regelung zur verpflichtenden Befüllung der Gasspeicher schlagen in eine ähnliche Kerbe. All das betrifft zwar nicht unser Kerngeschäft, aber eben doch die Energiewelt insgesamt und damit durchaus auch unsere Position. Ich will mich im Folgenden dann aber doch auf die Erneuerbaren Energien konzentrieren und euch ein Update zu den wichtigsten Prozessen geben:

Osterpaket

Zentraler Teil des Osterpakets ist eine große Reform des EEG, über die Details des Referentenentwurfs habe ich im letzten Newsletter schon berichtet. Anfang April ist dieser dann mit ein paar Änderungen auch im Kabinett beschlossen worden, auch wenn die FDP dem nur unter Vorbehalt zugestimmt hat und einige Punkte (mittelfristige Förderung der EE, Ziel einer treibhausgasneutralen Stromversorgung 2035) noch im parlamentarischen Verfahren anpassen will. Gegenüber dem Referentenentwurf haben sich nur wenige Punkte geändert, insbesondere wurden die Ausbauziele für Photovoltaik noch einmal leicht angehoben (220 statt 200 GW Gesamtleistung in 2030), außerdem wurden die neu eingeführten Volleinspeisevergütungen für Solarstrom noch weiter erhöht. Die Vergütungen für Überschusseinspeisungen sind allerdings gleich geblieben – damit sinkt die relative Attraktivität von Prosuming-Modellen wie beispielsweise von Mieterstrom gegenüber den neuen Volleinspeisemöglichkeiten weiter.

Aktuell ist das Gesetzespaket im parlamentarischen Verfahren und soll bis Ende Juni beschlossen werden. In diesem Prozess werden allerdings noch einige Änderungen am Gesetz erwartet, insbesondere der auch von uns kritisierte hohe Unterschied bei den verschiedenen Photovoltaik-Vergütungen ist ein wichtiger Punkt in diesen Debatten. Auch für die Bürgerenergie könnten sich noch Verbesserungen ergeben. Genaueres weiß man aber wohl erst am Ende, da die Ampel-Fraktionen wie schon beim Aushandeln des Koalitionsvertrag Vertraulichkeit bis zur Einigung walten lassen wollen.

Sommerpaket

Mit dem Sommerpaket sollen verschiedene Regelungen angegangen werden, die die Flächenbereitstellung und Genehmigungslage für Windenergie verbessern. Ursprünglich sollten diese Vorhaben bis zum Sommer nur vom Kabinett beschlossen und dann im zweiten Halbjahr im Parlament behandelt werden, allerdings will die Ampelkoalition dies nun noch einmal beschleunigen und die Novellen direkt parallel zur den Osterpaket-Verhandlungen in den Bundestag einspeisen, so dass auch diese Regelungen noch vor der Sommerpause diskutiert bzw. verabschiedet werden könnten und dann direkt gelten. Das ist nicht nur hinsichtlich der Arbeitsbelastung des Parlaments sehr intensiv, sondern könnte langsam auch knapp werden, da die entsprechenden Gesetze bis zum Redaktionsschluss des Newsletters nicht einmal im Kabinett behandelt wurden.

Konkret geht es erstens um ein Flächensicherungsgesetz. Die Länder sollen verpflichtet werden, gewisse Räume zwingend für die Windenergie zu öffnen, so dass insgesamt etwa zwei Prozent der Fläche Deutschlands für die Windstromerzeugung zur Verfügung stehen. Es ist allerdings noch offen, ob wirklich jedes Land für sich den Anteil von zwei Prozent erreichen muss oder ob es gewisse Tauschmöglichkeiten geben wird bzw. wie mit bestehenden Abstandsregelungen umgegangen wird – das BMWK würde am liebsten Abstandsregelungen generell streichen, auch hier stellt sich die FDP aber (noch?) quer.

Teil des Pakets ist auch eine Kompromissfindung zwischen Natur- und Artenschutz einerseits und der Windenergie andererseits. Ziel ist also, viel mehr Windenergie mit nur wenig Beeinträchtigung der Umwelt zu ermöglichen. Bisher gibt es dazu allerdings nur ein Eckpunktepapier, die gesetzliche Umsetzung insbesondere im Bundesnaturschutzgesetz steht noch aus. Die Branche sieht den bisher vereinbarten Rahmen allerdings eher kritisch, denn einigen Verbesserungen stehen teilweise sogar erhöhte Anforderungen entgegen. So ist etwa die Liste der bei der Windenergie-Planung zu berücksichtigenden Brutvögel gegenüber der bisherigen Praxis bzw. den bislang dazu geführten Diskussionen noch angewachsen, es geht zudem nur um Mortalitätsregelungen, nicht aber um die Störung von Arten. Und zu Fledermäusen, die ebenfalls ein häufiger Grund für Genehmigungsverweigerungen oder Betriebseinschränkungen sind, wird gar nichts gesagt. Hier bleibt also nun die gesetzliche Umsetzung abzuwarten – nach bisherigem Stand wird das Sommerpaket aber nicht der erhoffte große Schritt nach vorn für die Windenergie sein.

Plattform Klimaneutrales Stromsystem

Wenn im Sommer die beiden genannten Pakete hoffentlich abgeräumt sind, wartet im zweiten Halbjahr schon der nächste ganz dicke Brocken: In einer dann einzurichtenden „Plattform Klimaneutrales Stromsystem“ soll debattiert werden, wie der Strommarkt umgestaltet werden muss, um die angestrebten hohen Erneuerbaren-Anteile gut händeln zu können. Dabei geht es voraussichtlich um eine stärkere Digitalisierung des Systems und eine vermehrte Einbeziehung der vielfältigen Akteure auf dem Energiemarkt, um die Bereitstellung von Flexibilität, um die volatilen Erneuerbaren abzupuffern, um die künftige Ausgestaltung der Erneuerbaren-Förderung, aber auch um neue Instrumente wie etwa das Energy Sharing, das für Bürgerenergie-Akteure wie auch für uns ganz neue Betätigungsfelder ermöglichen könnte. Könnte durchaus spannend werden. 😊

Gebäudeenergiegesetz

Allein schon über die ganzen Initiativen im Strombereich könnte man jeweils Doktorarbeiten schreiben, schnell wird darüber vergessen, dass wir im Wärme- und Mobilitätsbereich eigentlich noch viel größere Herausforderungen haben. Das BMWK will sich aber auch diesen widmen und über eine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) endlich auch die Wärmewende anstoßen. Schon im Rahmen des Osterpakets gab es eine kleine Novelle, die festschreibt, dass der Effizienzstandard KfW 55 ab 2023 als Mindeststandard gilt, ab 2025 muss dann bei jedem Neubauvorhaben KfW 40 eingehalten werden. Eine größere GEG-Novelle, die dann die bisherigen Effizienzstandards grundsätzlich neu denkt und auch die beim Hausbau anfallende graue Energie mitberücksichtigt, soll dann im Lauf des zweiten Halbjahrs in den Bundestag eingebracht werden. Teil dieser geplanten großen Novelle soll dann auch sein, dass ab 2024 (und nicht wie im Koalitionsvertrag vorgesehen erst 2025) bei Neubauten oder Heizungssanierungen ein Mindestanteil von 65 Prozent Erneuerbaren Energien genutzt wird. Auch die Solardachpflicht, die für Gewerbebauten verpflichtend und für Wohnhäuser als Quasi-Standard eingeführt werden soll, ist als Teil dieser größeren Neugestaltung des GEG angekündigt.

Viel los also, bei Fragen oder Anregungen könnt ihr euch wie immer gerne melden. 😊

Ansprechperson: Sven Kirrmann

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