Energiewendebeschleunigung in Krisenzeiten

Die Ampel-Koalition hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, die Energiewende massiv beschleunigen zu wollen – Details konntet ihr schon im letzten Beitrag dieser Reihe lesen. Und bereits drei Monate nach Amtsantritt kann man konstatieren: Die neue Regierung macht ernst. Das ist angesichts der sich beschleunigenden Klimakrise sowie des nun begonnenen Kriegs von Russland gegen die Ukraine auch dringend nötig. Aktuell ist noch viel im Fluss, dennoch will ich euch ein kleines Update geben.

Ganz ehrlich: In der Haut der Regierung und ihrer Verwaltung möchte ich gerade nicht stecken. Schon die sich im Dezember noch einmal beschleunigende Corona-Krise brachte direkt nach Amtsübernahme enorme Herausforderungen mit sich, parallel gab es bereits zu diesem Zeitpunkt enorme Turbulenzen an den Energiemärkten. Während sich zumindest hinsichtlich der Pandemie immerhin langsam etwas Entspannung andeutet, kamen nun neue und auf ganz andere Art dramatische Entwicklungen dazu, die nicht zuletzt die Dringlichkeiten und damit auch die Arbeitsbelastungen in der Energiepolitik enorm erhöhten: Zuallererst ist natürlich der russische Angriff auf die Ukraine zu nennen, der sicherheitspolitisch, aber auch für die Energieversorgung und -kosten eine grundlegend neue Ausgangslage bedeuten – alte Verlässlichkeiten sind passé, in Rekordzeit müssen neue Wege zur Absicherung unserer Strom- und Wärmeproduktion gesucht werden. Und natürlich schwebt über allem weiter die nie weggewesene Klimakrise, die mehr denn je eine Gefahr für Mensch und Planet darstellt und die daher mit allerhöchster Priorität eingedämmt werden muss, wie der Ende Februar erschienene IPCC-Report wieder mal deutlich macht. Klar ist also: Wir müssen aus vielerlei Gründen weg von fossilen Energieträgern und schnellstmöglich die Erneuerbaren ausbauen.

Immerhin: Das hatte die neue Regierung in ihrem Koalitionsvertrag ohnehin geplant und sie geht auch mit wirklich hoher Geschwindigkeit an die Umsetzung. Auf eine anschauliche Eröffnungsbilanz des neuen Wirtschafts- und Klimaministers Robert Habeck Anfang Januar folgten im Februar eine Vielzahl an Fach- und Verbändegesprächen zur Neuausrichtung der Energiepolitik. Anfang März mündeten diese dann in einem Referentenentwurf insbesondere zur Überarbeitung des EEGs, welcher bis Ostern im Kabinett und vor der Sommerpause im Parlament beschlossen werden soll. Ergänzend zu diesem „Osterpaket“ ist auch ein „Sommerpaket“ geplant, welches sich dann mit grundsätzlicheren Weichenstellungen wie etwa schnelleren Genehmigungen und mehr Flächen für die Windenergie beschäftigen wird. Alles zusammen soll dann bis spätestens Anfang 2023 in Kraft sein. Parallel dazu wird noch in diesem Jahr eine Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“ eingerichtet, die dann den Rahmen für die Energiemärkte in einem Versorgungssystem mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien entwickeln soll. Der skizzierte Prozess hört sich zwar vielleicht relativ langwierig an, ist aber angesichts der Masse an Vorhaben wirklich Rekordtempo für das politische System – hier wurde in drei Monaten schon mehr angegangen als vorherige Regierungen in Jahren geschafft haben, insbesondere wenn man sich die erschwerten Umstände ansieht.

Aber was ist jetzt konkret geplant? Mit einzelnen Detailregelungen will ich euch verschonen, da die Diskussionen ohnehin noch in vollem Gange sind und es noch zu vielen Änderungen kommen kann. Klar ist: Bereits 2035 sollen fast 100 Prozent Erneuerbare in der Stromerzeugung erreicht werden, der EE-Ausbau wird dazu massiv beschleunigt und Bürgerenergie soll wieder eine größere Rolle spielen – allerdings verbleiben die Reformen auch noch ziemlich in der bisherigen Energiesystem-Denke und es gibt auch ein paar potenziell problematische Entwicklungen, etwa die deutliche Bevorzugung von Volleinspeise- gegenüber Eigenverbrauchsmodellen bei der Photovoltaik. Einen guten Überblick über die Inhalte des ersten Entwurfes bietet folgende Grafik von DWR Eco:

Über die genauen Ergebnisse des Osterpakets bzw. die Ansätze des dann anstehenden Sommerpaketes berichte ich dann beim nächsten Mal. Falls es Fragen zum bisherigen Referentenentwurf oder zum laufenden Reformprozess gibt, könnt ihr euch natürlich gerne bei mir melden.

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