Nach der Novelle ist vor der Novelle – Ergebnisse des EEGs 2021 und weitere Reformvorhaben

Mit dem ersten Teil der Überschrift habe ich meinen letzten Beitrag beendet – und so ist es auch gekommen, sogar schneller als gedacht. Eigentlich ist das EEG 2021 nämlich kurz vor Weihnachten verabschiedet worden und inzwischen in Kraft (auch wenn manche Regelungen weiterhin noch nicht final von der EU abgesegnet sind). Allerdings haben es die regierenden Großkoalitionär*innen trotz monatelanger Gespräche und intensiver Last-Minute-Verhandlungen wenige Tage vor Weihnachten nicht geschafft, sich in allen Punkten zu einigen. Ein paar Themen wurden daher in einen Entschließungsantrag ausgelagert und auf die Zukunft verschoben – demnach sollte bereits im 1. Quartal 2021 noch eine Fortsetzung zur EEG-Novelle 2021 erscheinen. Aktuell (Ende Februar) ist diese aber noch nicht in Sicht, weshalb es zunehmend fraglich wird, ob das noch vor der Bundestagswahl klappt.

Aber nun gehen wir erst einmal einen Schritt zurück: Was wurde überhaupt bisher beschlossen? Im Folgenden einige Stichpunkte dazu, eine gute Übersicht bietet auch folgender Artikel der Energieagentur.NRW: https://www.energieagentur.nrw/blogs/erneuerbare/beitraege/windenergie/fachbeitrag-eeg-2021-die-wichtigsten-aenderungen/

  • Gesamteinschätzung: Verbesserungen in ein paar Punkten, insb. bei Mieterstrom und Eigenverbrauch, aber auch einige schwierige Details. Langfristziel wird zwar sinnvoll erhöht, für die kommenden Jahre gibt das Gesetz aber zu wenig konkrete Impulse angesichts der Klimaschutzerfordernisse. Insbesondere wird der EE-Ausbau nicht substanziell beschleunigt, aber immerhin sollen Ausbauziele noch im Nachgang erhöht

 

  • Windenergie:
    • Es gibt ab 2023 eine Südquote in den Ausschreibungen und das Referenzertragsmodell, nach welchem die Vergütung für unterschiedliche Standortqualitäten bemessen wird, wurde um eine Stufe nach unten erweitert, was positiv ist.
    • Die Vergütungsstreichung bei negativen Strompreisen wurde verschärft, künftig gibt es nicht erst ab 6 h negativer Preise, sondern bereits ab 4 h keine Vergütung mehr. Die Zeiten des Vergütungsausfalls können künftig aber nach 20 Jahren an den Förderzeitraum angehängt werden.
    • Endogene Rationierung bei den Ausschreibungen: Bei Unterzeichnung werden die Leistungsmengen in den Folgerunden der Wind-Auktionen gekürzt. So soll Wettbewerb gewährleistet werden, doch die Regelung bedroht den ohnehin zu geringen Wind-Ausbau. Mehr Infos in der ez.
    • Freiwillige Kommunalabgabe von 0,2 ct/kWh bei Windprojekten, die sich der Betreiber erstatten lassen kann.
    • Anschlussregelung für Ü20-Anlagen: 2021 gibt es einen pauschalen und über das Jahr sinkenden Zuschlag (1/0,5/0,25 ct kWh)auf den Marktwert für Anlagen, die ihren Strom einfach weiter an die Netzbetreiber liefern. Für 2022 müssen sich Altanlagen in einer Auktion um eine staatliche Weiterförderung bemühen. Leider funktioniert das Ganze nur mit Einspeisevergütung und nicht über eine Vermarktung durch bspw. uns.

 

  • Solarenergie:
    • Erhöhung Eigenverbrauchsmengen ohne EEG-Belastung auf 30 kW/30 MWh pro Jahr
    • Eigene Förderkategorie für Dachanlagen – ab 750 kW über Ausschreibungen, darunter Einspeisevergütungen. Anlagen zwischen 300 und 750 kW bekommen aber nur für 50 Prozent des eingespeisten Stroms eine Vergütung, können alternativ in die Ausschreibung gehen, müssen dann aber volleinspeisen.
    • Innovationsausschreibungen werden erweitert und bieten künftig Möglichkeiten für Agro-PV, schwimmende Solarparks und Solaranlagen über Parkplätzen.
    • Ü20-Anlagen bekommen Strom weiter abgenommen und mit Marktwert vergütet. Mehr Infos auf derNATURSTROM-Webseite.
    • Flächenkulisse für EEG-geförderte Solarparks ausgeweitet, Randstreifen von Verkehrsflächen nun bis 200 m statt 110 m bebaubar.

 

  • Mieterstrom:
    • Eigene Vergütungskategorie unabhängig von der PV-Förderung
    • Das auch von uns oft genutzte Lieferkettenmodell, bei welchem wir die energiewirtschaftlichen Pflichten für den Immobilieneigentümer übernehmen, ist nun endgültig verankert
    • Anlagenzusammenfassung verbessert , diese gilt aber nur für den Mieterstromzuschlag! Für die Vergütung des ins Netz eingespeisten überschüssigen Stroms sowie für die Direktvermarktung gelten für mehrere Anlagen im räumlichen Zusammenhang die vorherigen Regelungen weiter.
    • Mieterstrom jetzt auch im Quartier möglich, genaue rechtliche Definition fehlt aber (noch).

 

Wie schon erwähnt, gab es praktisch als Zugabe zu der ohnehin beschlossenen Novelle noch einen Arbeitsauftrag, sich um weitere Punkte zu kümmern. Zentral ist dabei wohl die Erhöhung der EE-Ausbaupfade, auf die sich vor Weihnachten nicht geeinigt werden konnte. Grundlage soll die Verschärfung bei den EU-Klimazielen sein (s. u.), konkrete Vorschläge liegen aber noch nicht vor. Auch soll Mieterstrom noch attraktiver gemacht werden, indem endlich eine Lösung des drohenden Verlusts der Gewerbesteuerbefreiung für Vermieter vorgelegt werden soll und indem eine Klarstellung zur Stromsteuer bei Nutzung des Lieferkettenmodells erfolgt. Zudem soll perspektivisch die Quadratur des Kreises gelingen – eine Abschaffung der EEG-Umlage und dann Förderung bei gleichzeitiger Gewährleistung weiteren Zubaus und ohne Belastung der öffentlichen Haushalte. Hier sieht man die doch sehr unterschiedlichen Vorstellungen der aktuellen Koalitionspartner, die auf dem Papier irgendwie zusammengezwängt werden mussten. Eine kommende Bundesregierung wird hier hoffentlich noch einmal neu nachdenken…

Neben dem EEG gab es aber zum Jahresanfang auch einige andere relevante Gesetzesvorhaben auf nationaler Ebene im Energiebereich. Zuerst ist das EnWG zu nennen, zu dem es eine umfangreiche Novelle gibt. Vieles betrifft darin künftige Wasserstoffnetze und -anwendungen, ist für uns aktuell also unerheblich. Aber es gibt auch mehr Transparenzanforderungen für Stromnetzbetreiber und verbraucherfreundlichere Verpflichtungen für Energieanbieter – da wir hier ja aber ohnehin schon sehr kundennah agieren, sollte das für uns zu keinen großen Umstellungen führen. Relevant und erfreulich ist zudem noch eine angedachte Neufassung der Stromkennzeichnung, die zumindest die Energiebeschaffung der Unternehmen besser abbilden würde. Und für Stromanbieter mit über 200.000 Verträgen – also auch uns – wird das Angebot variabler Tarife verpflichtend. Das Gesetz ist aber noch im Parlament, finale Details folgen also erst noch.

Einige Neuregelungen gab es auch im Bereich der Elektromobilität. Das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastrukturgesetz verpflichtet Immobilieneigentümer künftig dazu, ab einer gewissen Stellplatzanzahl Lademöglichkeiten anzubieten. Mit dem Schnellladegesetz greift der Staat stärker in den Bau von solchen Schnellademöglichkeiten ein, diese können künftig auch direkt öffentlich ausgeschrieben werden. Und mit dem Gesetz zur Neufassung der Treibhausgasquote werden generell die EE-Ziele im Verkehr deutlich erhöht, der Anteil soll 2030 28 Prozent betragen – aktuell sind es nur 5-6 Prozent. Dazu soll insbesondere die Elektromobilität beitragen, was erst einmal gut ist, allerdings werden die Stromanteile im Verkehr bei dem Ziel mehrfach angerechnet und auch nicht auf Ökostrom begrenzt – das macht zwar Elektromobilität attraktiver, bringt dem Klimaschutz am Ende aber nur wenig.

Treiber für viele Entwicklungen ist aktuell die europäische Ebene. Mit dem „Green Deal“ der aktuellen EU-Kommission soll der Klimaschutz auf unserem Kontinent mächtig angeschoben werden. So sollen etwa die europäischen Erneuerbaren-Rahmenbedingungen überarbeitet und die Beihilfeleitlinien klimaschutzkonform ausgestaltet werden. Auch das gerade in der Ausgestaltung befindliche Corona-Konjunkturpaket soll einen Schwerpunkt auf Energiewende und weniger Treibhausgase legen. Grundlage hierfür ist vor allem ein Klimaschutzgesetz, das aktuell verhandelt wird. Eine Erhöhung des CO2-Minderungsziels von 40 Prozent auf mindestens 55 Prozent für das Jahr 2030 ist eigentlich beschlossene Sache, das Parlament will mit 60 Prozent sogar etwas mehr (immer gegenüber 1990). Ein Beschluss soll bis Mitte des Jahres erfolgen. Das würde dann natürlich automatisch auch höhere Reduktionsanstrengungen von den Mitgliedsstaaten erfordern, gerade da ja auch das beim Klimaschutz relativ erfolgreiche Großbritannien nun aus der EU ausgeschieden ist. Für Deutschland ist schon eine Erhöhung des Klimaschutzziels von bisher 55 Prozent auf 65 Prozent im Gespräch. Und das erfordert eben wieder einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren und damit höhere Ausbauziele im EEG, womit wir wieder am Anfang wären. ?

Ansprechpartner ist Sven Kirrmann

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